vor drei Monaten hat abgeordnetenwatch.de den Fall Steinbrück aufgedeckt: 13 Honorar-Vorträge für mindestens 91.000 Euro hatte der Ex-Finanzminister bis dato in der noch jungen Wahlperiode gehalten, aber gleichzeitig bei sechs von elf wichtigen Abstimmungen gefehlt, kein einziges Mal im Bundestag gesprochen und alle 7 Bürgerfragen auf abgeordnetenwatch.de unbeantwortet gelassen.
Nun gibt es Neues in Sachen Steinbrück. Vor kurzem hat er dem Bundestagspräsidenten weitere 16 Vorträge gemeldet, u.a. bei der Deutschen Bank und der Union Investment Privatfonds GmbH. Seine Nebeneinkünfte allein aus Vortragshonoraren belaufen sich seit der Bundestagswahl im September 2009 auf mindestens 199.500 Euro, doch wahrscheinlich sind es weitaus mehr. In jedem Fall übersteigt es das Amtsgehalt der Bundeskanzlerin.
Zusätzlich zu seiner Vortragstätigkeit war Peer Steinbrück in den letzten Monaten als Publizist tätig in Kürze erscheint sein Buch „Unterm Strich“. Nach Informationen von abgeordnetenwatch.de können Autoren vom Range Steinbrücks mit einem Garantiehonorar des Verlags in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro rechnen. Darüber hinaus ist Steinbrück Aufsichtsratsmitglied bei der ThyssenKrupp AG. Im Jahr 2008/2009 wurde eine solche Tätigkeit mit 130.000 bis 230.000 Euro pro Jahr vergütet.
Allein die Zahl der Nebeneinkünfte und deren Höhe sind eigentlich unglaublich. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die gewissenhafte Ausübung eines Bundestagsmandats ein Vollzeit-Job ist und keine Zeit für bezahlte Nebentätigkeiten lässt.
Unsere Recherchen haben außerdem ergeben, dass Steinbrück sogar einer Bundestagssitzung fernblieb, um einen Privatvortrag zu halten. Am 23. April 2010 debattierte das Parlament über eine Regierungserklärung von Wirtschaftsminister Brüderle und über einen Antrag zum Thema Mindestlohn, während Steinbrück vor Managern bei einem Finanzsymposium als Referent auftrat. Auch am 21. Januar 2010, dem Tag einer Haushaltsdebatte, fehlte Steinbrück. Abends sprach er bei der „Trend und Service Messe EK Live“ in Bielefeld.
Außerdem hat der ehemalige Finanzminister seit der Bundestagswahl 2009 an 12 von 19 wichtigen Parlamentsabstimmungen nicht teilgenommen und bislang noch keine der 15 an ihn gestellten Fragen auf abgeordnetenwatch.de beantwortet.
Es darf nicht sein, dass ein Abgeordneter bei Bundestagssitzungen und wichtigen Abstimmungen fehlt, gleichzeitig aber einer Vielzahl hoch bezahlter Nebentätigkeiten nachgeht und dafür seine volle Diät (7.668 Euro pro Monat) kassiert. Kein Arbeitgeber würde so ein Verhalten dulden. Wir Bürgerinnen und Bürger sollten das auch nicht tun.
Wir haben heute den Fall Steinbrück öffentlich gemacht. Doch wir sind weiteren Fällen auf der Spur. Recherchen wie diese brauchen viel Zeit und einen langen Atem. Bitte unterstützen Sie uns bei dieser wichtigen Arbeit.