Der Berliner Designer Tim Brauns sammelt seit 20 Jahren alltägliche Gebrauchsgüter und Werkzeuge auf Flohmärkten im In- und Ausland. Dabei interessieren ihn bestimmte Gestaltungslösungen und Funktionsprinzipien, die er in den Objekten erkennt und analysiert. Brauns nutzt die Fundstücke als Inspirationsquelle für seine eigene Gestaltungsarbeit, auch durch die Übertragung der in den Dingen erkennbaren konstruktiven Lösungen auf neue Kontexte. Das Werkbundarchiv – Museum der Dinge stellt diese Sammlung aus, um im Vergleich mit den Museumsbeständen die verschiedenen bzw. ähnlichen Sammlungsinteressen und Ordnungsprinzipien erkennbar zu machen. Die drei folgenden Beispiele verdeutlichen die Interessen Brauns:
Unter der Überschrift „Alles aus einem Stück“ werden Dinge versammelt, die aus einem Material und ohne zusätzliche Verbindungselemente hergestellt sind, wie der aus einem Stück gebogene Haken, Filmscharniere, gedrechselte Objekte, Drahtbiegeteile – homogene Objekte, an denen eine gedankliche Auseinandersetzung mit dem Material ablesbar und eine Raffinesse der Gestaltung spürbar wird. „Das Scherenprinzip“ zeigt ganz unterschiedliche Produkte, z.B. Schere, Korkenzieher, Pastaschneider, Kappkleiderbügel, deren Gestaltung das Scherenprinzip zugrunde liegt, ein übergeordnetes Gesetz, mit dem so unterschiedliche Aufgaben und Funktionen erfüllt werden können wie Verkleinern und Vergrößern, Verlängern und Verkürzen oder die Kraftersparnis. Umgekehrt verhält es sich mit der Sammlung von Reisekleiderbügeln: eine Funktion – der platzsparende Kleiderbügel – wird durch erstaunlich viele verschiedene Prinzipien erreicht. An den Reisekleiderbügeln läßt sich nicht nur die Vielfalt der Prinzipien studieren, Verarbeitung, Material und Beschriftung erzählen auch etwas über zeitliche und lokale Herkunft.
Die gesammelten Dinge werden zu einem Tableau angeordnet. Darin wird erkennbar wie Brauns die Objekte als Designer befragt. Er nimmt Entstehungszeit, Herstellungsverfahren, Material, Materialverbindungen, Qualität, Marke, Herstellungsland, lösbare Verbindungen, Anwendung, Produktname, Verpackung, Typografie, Patent, Techniken und Ästhetik der Objekte in den Blick. Wie das offene Depot im Museum der Dinge zeigt auch diese Sammlung Erkenntnismöglichkeiten auf, die im Sammeln, in der vergleichenden Betrachtung und in der Objektanalyse liegen.
Der Produktdesigner Tim Brauns ist gelernter Orthopädiemechaniker und hat an der HdK-Berlin und der École des Beaux-Arts in Toulouse studiert. Seit 19 Jahren ist er Mitgeschäftsführer von e27, Berlin. Brauns war vier Jahre lang Professor an der FU-Bozen und nimmt verschiedene internationale Lehraufträge wahr.
Das Werkbundarchiv – Museum der Dinge zeigt die Sammlung „Funktionsprinzipien der Dinge“ von Tim Brauns
vom 26. März bis 26. April 2010
Eröffnung am 25. März 2010 um 19 Uhr