Jürgen Binder (vorne rechts; Foto: Vaclav Reischl)
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir freuen uns, daß heute zwei Menschen geehrt werden, die durch ihre Aufrichtigkeit und ihren Anstand ihren Beitrag dazu geleistet haben, daß heute die Menschheit über die Gefahren der Gentechnik besser informiert ist, ja überhaupt informiert ist.
Weshalb haben denn die von den Konzernen bezahlten Propagandabüros, die mit den schmutzigsten Tricks arbeiten, die Glaubwürdigkeit von Dr. Pusztai überhaupt in Frage gestellt? Dafür gibt es einen einzigen Grund: Die Ergebnisse der von ihm geleiteten Wissenschaftlergruppe sind so eindeutig, klar und stichhaltig, daß dagegen keine ernstzunehmenden wissenschaftlichen Argumente mehr vorgebracht werden können. Und wo keine Argumente da sind, werden dann eben welche ersonnen. Die Behauptung, Gentechnik könne den Hunger in den armen Ländern des Südens bekämpfen ist obszön und verlogen. Wer Gentechnik sät wird Hunger ernten, soviel steht fest und für einige Millionen von Menschen hat diese Falle auch bereits schon zugeschnappt.
Pusztais Forschungsergebnisse sind gefährlich für die Gentechnikindustrie. Hat Pusztai doch nachweisen können, daß es die Methode der Genmanipulation an sich ist, welche hochriskant ist, und durch ihre Anwendung zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko für die Landwirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung wird. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, daß bis heute gerade diejenigen, die von dieser Dinosauriertechnologie profitieren – indirekt beruflich oder direkt finanziell – mit allen Mitteln versuchen, eine seriöse wissenschaftliche Diskussion über diese Technologie zu hintertreiben.
Wir verlangen von unseren Universitäten und Ministerien einen offenen Dialog über die Risiken der Gentechnologie, über Alternativen, über die Zukunft unseres Saatgutes, die Bewahrung der Fruchtbarkeit unserer Böden und den Schutz der Biologischen Vielfalt. Es ist für uns völlig unverständlich, weshalb die deutsche Regierung den Anfang des Jahres erschienen Weltagrarbericht ignoriert und seine Unterzeichnung ablehnt. Dies zeigt erneut, daß unsere derzeitige politische Führung die substantielle, in drei Jahren zusammengetragenen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus ideologischen Gründen ablehnt und dadurch eine Neuausrichtung der Landwirtschaft auf Jahre verzögert. Diese Ignoranz ist nicht hinnehmbar.
Die beiden Preisträger haben ihren Beitrag zu dieser Diskussion geleistet, und wir stellen ihn heute der deutschsprachigen Öffentlichkeit zur Verfügung. Zur Preisverleihung haben wir das Buch „Sicherheitsrisiko Gentechnik“ und eine DVD vorbereitet, mit der wir den Hut in den Ring werfen und eine seriöse öffentliche Diskussion über die Gentechnik einfordern. Die AnStifter haben die Bedeutung dieses Themas erkannt. Dies zeigt einmal mehr, daß die AnStifter einen klaren Blick für die wesentlichen Zukunftsfragen haben. Meine Damen und Herren, es ist denke ich an der Zeit festzuhalten: die Spinner in unserer Gesellschaft sind nicht wir, die wir an das Verantwortungsbewußtsein von Wissenschaft und Politik appellieren, die Spinner sind diejenigen, die unser gesamtes Leben dem Altar ungezügelter Kapitalinteressen und gieriger Machtspielchen opfern. Die Finanzkrise offenbart eine Systemkrise der westlichen Welt, und an der Überwindung eines zügellosen Raubtierkapitalismus unter dem Deckmantel des Freihandels müssen wir arbeiten. Und Gentechnik ist nur eine Erscheinungsform dieses gescheiterten Gesellschaftssystems.
Liebe Susan, als ich Euch zur Vorbereitung dieses Buches am Plattensee besucht hatte, ist mir ein Erlebnis besonders in Erinnerung geblieben, und das möchte ich Ihnen erzählen.
Wir saßen beieinander, und als es begann, dunkel zu werden, blieb alle Arbeit plötzlich liegen und ich wurde auf den Balkon gerufen. Am Horizont ging die Sonne unter, und wir stießen mit einem Glas Sekt auf die Vollendung des Tages an. Da erzählten mir die beiden, daß sie jeden Abend zum Sonnenuntergang einen Moment innehalten und diesen gemeinsam feiern. Liebe Susan, nach jedem Sonnenuntergang kommt wieder ein Sonnenaufgang – und wenn Arpad wieder gesund ist, dann ladet ihr alle Freunde in euer Haus und feiert diesen Tag zusammen. Und weil ihr dafür dann eine größere Flasche Sekt braucht – damits auch für alle reicht – habe ich Euch heute so eine mitgebracht.
Herzlichen Glückwunsch und den AnStiftern Herzlichen Dank.
18.12.2009
Jürgen Binder