Eine Familie wird mutwillig zerstört, – bei uns, heute.

Geschätzte Anstifterinnen, Anstifter und Freunde unserer Arbeit!
Als Mitanstifter möchte ich für einen Fall von unglaublicher Gnadenlosigkeit und Ausländerfeindlichkeit um Ihre Hilfe (nicht Geld aber Protest) werben.

Die sechsköpfige Familie Siala, libanesische Kurden – die Eltern Flüchtlinge aus dem ersten Libanonkrieg, seit 17 bzw. 20 Jahren in Deutschland lebend-, wurden vor 4 Jahren durch Zwangsabschiebung der schwangeren Mutter mit einem Kleinkind in die Türkei auseinander gerissen. Der mit zwei Töchtern (10+11Jahre) zurückgebliebene Vater kämpft seitdem um sein und seiner Töchter Bleiberecht bei uns und um die Rückkehr seiner Frau mit den zwei anderen Kindern.

In seiner Bewerbung um den diesjährigen Stuttgarter Friedenspreis (siehe Nr.9), hat der Niedersächsische (Nds.) Flüchtlingsrat den Fall bereits kurz dargestellt. Ich möchte jedoch Peter Grohmanns Angebot nutzen, dass was der Familie geschehen ist, noch einmal ausführlicher für die Anstifter zu schildern, weil verstärkter Druck von außen notwendig geworden ist, um den zuständigen Herren im Nds. Innenministerium und der zuständigen Ausländerbehörde in Hildesheim Beine zu machen. Auf menschliches Rühren ist dort nach der bisherigen Erfahrung nicht zu rechnen.
Es sind also nachhaltiger Druck und Kreativität gefragt ( wer hat einflussreiche Kontakte?) und natürlich auch „Masse“ (Viele, immer wieder neue individuelle Proteste).
Viele Bürger im Raum Nds. haben bereits zusammen mit ihrem Flüchtlingsrat kreativ und mutig mit Petitionen, Demonstrationen, Hungerstreiks etc. für den Verbleib der Sialas gekämpft. Von den wirklich einflussreichen Politikern wurden sie mit meist billigen Zuständigkeitsausflüchten, Herumschieben der Appelle, Ablehnung oder völligem Schweigen erbärmlich hängengelassen.
Ich selbst stieß vor zwei Jahren auf ein im Zug liegen gebliebenes ZEIT MAGAZIN mit dem sehr ausführlich geschilderten unglaublichen Fall ( Details XX) und nahm nach
einem ersten Brief an den Nds. Innenminister Uwe Schünemann und der abwimmelnden Rechtfertigung seines Büros Kontakt zum Flüchtlingsrat auf, um verstärkt aktiv zu werden.

Lassen Sie mich nun die Situation der Familie Siala schildern. Peter Grohmann meinte, max. 2 Seiten seien das Zumutbare. Ob ich das schaffe? Es gibt da so viel zu sagen. Rechnen Sie mir die Einführung also möglichts nicht an.

Dem Elternpaar der Familie, Gazale Salame und Ahmed Siala wurde das Aufenthaltsrecht in Deutschland nach 17 Jahren mit dem Argument abgesprochen, – sie seien zwar 1988 selbst noch 6 u. 7 jährige Kinder- , mit ihren Eltern vor den Kämpfen in Beirut nach Deutschland geflohen. Ihren Eltern wird jedoch mit einem Verweis auf angebliche türkische Vorfahren unterstellt, sie seien Türken und hätten sich die Einreise als Flüchtlinge erschlichen. Dieses erlaubt nach deutschem Ausländerrecht auch die Abschiebung der hier aufgewachsenen Kinder Gazale und Ahmed mit deren Kindern in die Türkei. Den alten Eltern wurde inzwischen aus Gesundheitsgründen Aufenthaltsrecht bei uns zugebilligt. Nachforschungen in der Türkei lassen zwar sehr daran zweifeln, ob die Unterstellung des türkischen Ursprungs überhaupt zutrifft. Die deutschen Behörden und Gerichte beharren jedoch bis zum Beweis des Gegenteils darauf, die Sialas seien Türken und nicht libanesische Kurden.
Fakt ist jedoch, dass die jungen Sialas und deren hier geborene Kinder bis zur unseligen Abschiebung der Mutter in die Türkei, diese niemals betreten haben und kein Wort türkisch sprechen. Die Zwangsausweisung der schwangeren Mutter mit dem Kleinkind vor 4 Jahren lief unter skandalösen Umständen früh morgens ab, (Details im ZEIT MAGAZIN) während der Vater nichts ahnend die älteren Töchter zur Schule brachte. Die Familie galt als gut integriert, was für die Töchter auch ein Lehrer bestätigte. Nach dem Verschwinden der Mutter benötigten sie länger psychologische Betreuung. Ahmed Siala, gestützt vom Nds. Flüchtlingsrat und anderen empörten Mitbürgern zog vor Gericht, das ihm Duldung zusprach die eine Wiederzusammenführung der Familie ermöglicht hätte. Dagegen erhob Minister Schünemann Einspruch vor dem Oberverwaltungsgericht. Hier wurde die humanitäre Lösung wegen der Vorgeschichte sowie auch deshalb verworfen, weil Ahmed Siala sich weiterhin weigerte, Türke zu sein und als Schlachter wegen des Verstoßes gegen ein deutsches Schlachtgesetz zu 20 Tagessätzen a € 20- , ingesamt also € 2000,- verurteilt wurde.( Details XX). Einspruch gegen das verweigerte Bleiberecht des Nds. Oberverwaltungsgerichts vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde jedoch zugelassen.

Gazale Salame lebt seit ihrer Abschiebung mit ihren zwei Kindern in einer ärmlichen Unterkunft in Izmir, leidet unter starken Depressionen und gilt als suizidgefährdet. Nach Aufhebung ihre Einreisesperre im Februar beantragte sie ein Besuchervisum, um ihren Mann und die Töchter endlich wiederzusehen. Das Konsulat lehnte ab. Begründung: Zweifel an der Rückkehrwilligkeit. Kein Steinmeier ließ Gnade walten. In Ihrer Verzweiflung versuchte sie mit einem gefälschten Visum einzureisen. Jetzt ist erst einmal alles dicht.

Anfang Febr. entsprach das Bundeverwaltungsgericht dem Einspruch Ahmed Sialas in sofern, als es den Fall an das LWG´s zurückverwies, da dieses in seinem Urteilsspruch vom Sept.2007 die humanitären Möglichkeiten nicht genügend ausgelotet habe.
Kritische Worte der Gerichtspräsidentin und die vielen Bürgerproteste haben offenbar Ministerpräsident Wulff zu nerven begonnen. Die Präsidentin hatte gesagt, der Fall schreie geradezu nach einer politischen Lösung im Wege des Vergleichs. Und, wer seit 24 Jahren im Bundesgebiet lebe und sein Herkunftsland gar nicht kenne, habe ein nachvollziehbares Interesse im Lande zu bleiben. Wulff möchte angeblich den Fall vom Tisch haben. Sein Innenminister Schünemann, bekannt für knallharte Ausländerpolitik, hat sich auf Grund des Drucks inzwischen durchgerungen, den Fall der Nds. Härtefallkommission vorzulegen. In ihr befinden sich Mitglieder, die zur Ablehnung neigen könnten. Drei Stimmen reichen dazu aus. Es ist zu befürchten, dass selbst die Gewährung des Aufenthaltsrechts mehr Fallstricke als ernsthaftes Engagement für den positiven Ausgang des Dramas enthält .(Keinerlei soziale Fürsorgebereitschaft, Abschiebung bei Arbeitslosigkeit ) Bei einem niedrigen Gehalt am Schlachthof sind sie nicht leicht erfüllbar, und selbständig darf Ahmed Siala sich auch nicht machen.
Die Freundeskreise und der Flüchtlingsrat in Niedersachsen haben ihre Lobbyarbeit vor Ort jetzt aus gutem Grund abwartend ruhen lassen. Diese lässt sich bei negativer Entscheidung der Härtefallkommission aber nicht auf Knopfdruck wieder mobilisieren. Auch gibt es offenbar Kräfte im Ausländeramt, die eine humanitäre Lösung gerne verhindern möchten. Der Fall ist offensichtlich zum Prestigeprojekt verkommen. Es geht vor allem um die Gesichtswahrung der Jäger. Das erinnert an schlimme Zeiten.
Schünemann betreibt gerade massiv ein neues Projekt, – Ausweisung von aus dem Kosovo stammenden Romas. Für den Extremfall der Sialas hat er mitfühlendes Verständnis niemals gezeigt. Die Entscheidung seiner Hildesheimer Ausländerbehörde, die Sialas abzuschieben, und mit der Frau den Anfang zu machen war keineswegs rechtlich geboten. An ihr wurde über Jahre unnachgiebig gearbeitet. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit haben Ausländerbehörden in anderen Landkreisen auf aufenthaltsrechtliche Schritte in vergleichbaren Konstellationen verzichtet.
Es ist jetzt zu befürchten, dass bis zu einer Entscheidung der Härtefallkommission und deren Umsetzung bei positivem Ergebnis ein weiteres Jahr ins Land gehen wird. Kommt der Fall erneut vor Gericht, mindestens noch eines, und dann bliebe noch der Weg vor den Europäischen Menschenrechtsgerichthof. Bis dahin wäre die Familie dann endgültig kaputt. Malen die Mühlen absichtlich so langsam, weil die hohen Herren hoffen, das Problem werde sich von selbst lösen? Jeder Tag ist jetzt zuviel! Noch ein Jahr wäre unerträglich. Mit der Reintegration der zwei Kinder, die in der Türkei aufwachsen, wächst bereits ein neues Problem heran. Was für traumatische Bedingungen unter denen die Familie lebt, – vier Jahre schon. Glückliche Kindheit ? Eine Kindheit ist schnell dahin.
Es geht jetzt also darum, den hohen Herren Beine zu machen, Druck aufs Tempo ist notwendig und als Übergangslösung die Durchsetzung eines Besuchsvisum für Gazale Salame und die Kinder.
Die Pro Siala Lobby in Niedersachsen muss wie gesagt, wegen der lfd. Verhandlungen stillhalten. Da ist jetzt starker Druck von außen gefragt , damit die Schünemänner spüren, der Protest nimmt neue Dimensionen an, wenn sie sich nicht sputen. Es ließe sich noch manches Krasse, dass den Sialas geschah schildern. Aber ich denke dies ist für heute genug..
Jetzt erstmal Danke fürs Lesen ! Es ist doch wichtig zu wissen, was in unserem gepriesenen Menschenrechtsstaat geschieht. UN Kinderrechtscharta?- Aber doch nicht für ausländische Flüchtlinge. Das gilt auch für in unserem Grundgesetz verankerte unveräußerliche Menschenrechte. Kritik aus UN u. Menschenrechtskreisen wird runtergespielt u. vertuscht.

Wer die Kraft hat, aktiv zu werden, tue es bald. Kreativität und viele Briefe zählen. Allerdings, seien Sie nicht frustriert, die Antwortbriefe liegen in Hannover schon bereit. Die Herren sind abgebrüht und die Sialas haben eh selbst die Schuld an Ihrer Misere. Nachbohren ist dann wichtig.

Mit herzlichem Gruß

Rainer Kruse

Hier die Anschrift des Ministers:
Uwe Schünemann
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Postfach 221, 30002 Hannover

(XX) = wird auf Wunsch zugesandt
Weitere Informationen gebe ich gerne
Rainer Kruse Tel/Fax 0711-4673 81 E-Mail : kruse – rai @ t – online  . de (ohne Leerstellen)
Spemannstr15
70186 Stuttgart

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz