AnStifterFunken vom 10.11.2009 (ein "Interview")

Wie lange hast Du an der Sendung gestern gearbeitet?

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(Ablaufplan, grob)

An der Sendung selbst eigentlich nur zwei Stunden. Das waren die zwei Stunden vor der Sendung. Ich sollte die Sendung eigentlich nicht machen, aber bei unserem Gespräch mit Wolfram Isele ergab es sich plötzlich so. Wohlgefühlt habe ich mich durch diese kurze Vorbereitungszeit überhaupt nicht, weil ich sonst immer eher zu viel vorbereite als zu wenig. So ist zum Beispiel die vorletzte AnStifterFunken-Sendung vollständig vom Band eingespielt worden. Mir ist es sehr wichtig zu überlegen, was wann wer und warum sagt. Und wenn ich selbst etwas sage, dann überlege ich es mir viermal. Das ist übertrieben, aber ehrlich gesagt, ich kann es nicht besser. Als die ganze Sendung vom Band eingespielt wurde, war zwar alles an Ort und Stelle, aber wir konnten während der Sendung nicht mehr auf die Rückmeldungen der Zuhörer reagieren. Und das kleine Chaos zu Anfang der Sendung, das möglichst zu vermeidende „Sendeloch“, das plötzlich nicht mehr zu vermeiden war als der iPod, von dem die fertige Sendung eingespielt werden solllte, eine ganze Zeit lang nicht zu hören war, konnten wir nicht mehr erklären. Alles vom Band einzuspielen, glaube ich, erstickt eine Sendung.

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(Wolfram Isele im Studio vom Freien Radio für Stuttgart)

Ja und gestern war es dann genau umgekehrt?

Ja, genau. Ich hatte drei kurze Sachen mitgebracht, von denen ich aber nicht wußte, ob sie in der Sendung, für die ich ja eigentlich nicht die Verantwortung haben sollte, laufen würden. Als ich dann selbst die Sendung machen musste, war ich ganz froh, zusätzliche Einspielungen zu haben. Das hat den Interviewfluss etwas aufgelockert. Während zwei Stunden immer dieselben Stimmen, das ist schon etwas schwierig für die Zuhörer.

Dass ich die Sendung dann gemacht habe, ergab sich aus der Situation beim Italiener. Wir hatten uns um 20.00 Uhr getroffen, um zu sehen, was denn über die Antenne gehen sollte. Wolfram Isele hatte eine Menge interessanter CDs mitgebracht und das Werk selbst, dass Anfang der 80er Jahr gegründet wurde und ja fast 20 Jahre existiert hatte, hatte genügend Substanz, um damit fünf Sendungen á 2 Stunden zu füllen. Wir mussten uns irgendwie darüber unterhalten, was denn in der Sendung behandelt werden sollte. Je näher der Sendetermin kam, desto unruhiger wurde ich. Dann habe ich irgendwann ein leeres Papier und einen Bleistift in die Hand genommen und wir haben ganz grob den Ablauf skizziert. Zuerst Musik, dann die Aufnahme von Gez Zirkelbach und Peter Grohmann, wo beide über das Werk im Allgemeinen sprechen, als Einstimmer, dann die erste Frage, was denn der Name Wolfgang Isele und Das Werk miteinander zu tun haben. Wir mussten ja auf die eine oder andere Weise erstmal klar machen, worum es in der Sendung gehen sollte und warum Wolfram als Gast da war. Dann wieder Musik und dann… . Wolfram hatte sich nachmittags einen Zettel gemacht, wo er die einzelnen Musikstücke, die er spielen wollte, aufgeschrieben hatte. Aber irgendwie war der Zettel jetzt beim Italiener nicht mehr zu finden. Also die besten Voraussetzungen für eine gute Sendung gab es nicht. Aber irgendwann stand der Ablauf. Grob zumindest. Und dann war auch schon Zeit für den Weg ins Studio.

Wie seid Ihr denn überhaupt zu Wolfram Isele gekommen?

Das hängt mit der Sache in Gablenberg zusammen. Das Werk. Ein sehr interessantes Projekt über ein Verständnis von Kunst, das mir sehr nahe ist. Kunst ist nicht einfach nur das, was in den Museen oder Galerien hängt. Kunst ist eine Fertigkeit, die einem hilft, sich die Welt anzueignen, sie zu verstehen. Wenn Du Dir Kinderzeichnungen anschaust, dann siehst Du, dass ästhetische Tätigkeit nicht automatisch in ein Museum gehört, sondern erstmal ein Bedürfnis darstellt. Vielleicht so wie Sprechen. Kinder fangen irgendwann an zu sprechen und sie fangen irgendwann an zu malen. Das Blöde ist nur, dass wir, wenn wir erwachsen werden, ganz selbstverständlich weiter sprechen, aber das Malen irgendwann aufgeben, weil es nicht mehr passt. Aber was da nicht mehr passt, das ist uns häufig gar nicht klar. Und nur der eine oder andere beschäftigt sich weiter künstlerisch. Und dann auch „nur“ weil er oder sie KünsterIn werden will. Und dass es künstlerisches Schaffen gibt, das dem traditionellen Bilden im Sinne von „bildender Kunst“ gar nicht entspricht, ist dabei noch gar nicht einmal berücksichtigt. Wenn man den Kunstbegriff nämlich etwas weiter fasst, dann bekommt soziales Verhalten – sozial im Gegensatz zu unsozial – ästhetische Qualität. Und im Gablenberger „Werk“ ging es genau darum. H.K. Bast beschreibt das als Dozent in dem Modellversuch Künstlerweiterbildung an der Hochschule der Künste Berlin so: Die Künstler „waren entschlossen, einen Teil ihrer Arbeitszeit nicht mehr allein im Atelier zu verbringen, sondern als Künstler in der Kulturarbeit das eigene Berufsbild zu erweitern und ein neues Berufsfeld für sich zu erschließen. Sie wollten mitarbeiten an der Überwindung scheinbarer Bedürfnislosigkeit der Allgemeinheit gegenüber Kunst und mithelfen, die bei allen Menschen vorhandenen kreativen und gestalterischen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu aktivieren und zu vertiefen.“ (Das Werk, S. 13f) (bkh)

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(Das Werk im Laboratorium am 4.11.2009 u.a. mit Wolfram Isele 4.v.l.)

zusätzliches Material:
Das Werk: Peter Grohmann, Gez Zirkelbach zum Alltag im Werk (Aufnahme vom 4.11.2009; Laboratorium)

Das Werk: Gez Zirkelbach, Peter Grohmann sprechen über das Werk im Allgemeinen (Aufnahme vom 4.11.2009; Laboratorium)

Das Werk: Gez Zirkelbach über die Aktion zum Nazibrunnen in Gablenberg (Aufnahme vom 4.11.2009; Laboratorium)

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Ein Gedanke zu „AnStifterFunken vom 10.11.2009 (ein "Interview")

  1. Guten Morgen Burkhard,

    bin gerade tatkräftig bei der Farbauswahl für unseren Messestand im Januar, gestern Abend habe ich wieder Euerer Sendung gelauscht, es gab ja diesmal keine Vorankündigung und bis grade auch noch keine Playlist…. mit Kommentarangebot, vielleicht kommt das ja noch….

    …. also ich fand die Sendung gar nicht so schlecht, hatte aufgrund Deiner privaten Vorankündigung, ja nicht soviel erwartet. Gut, der Anfang war etwas improvisiert, ohne chingles und co, da wußte man erst garnicht in welcher Sendung man sich befindet, aber der restlichen Sendung hat das garnicht geschadet. Klasse fand ich auch dieses Mal das recht durchgängige Thema. Ostralien hat mich sehr beeindruckt! Die Interviews waren von Deiner Seite sehr gut geführt, auch finde ich sehr sympathisch wie Du manchmal ein zweites Mal nachfragst und dich auf die Seite des Hörer stellst, der dann die Chance bekommt einen nichtkapierten Satzes nochmal zu überdenken.
    Das Musikangebot war nicht schlecht, nicht so stimmig wie sonst… ;-) wobei ich den portugiesischen Song und die Frankfurter schräge Klassik
    sehr schön fand!

    Heike

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