Abigail’s Party – von Mike Leigh

Fr, 18. November 2016, 20:00 Uhr - 22:00 Uhr
Theater tri-bühne, Eberhardstraße 61a, 70173 Stuttgart
Veranstalter: tri-bühne
Wichtiges:

Es setzt die Theaterbesucher immer wieder in Erstaunen, auf welch hohem Niveau das Ensemble und die Regisseure am Katona József Theater nun schon seit Jahrzehnten kontinuierlich arbeiten. Das kann man bei den regelmäßigen Gastspielen bei uns immer wieder erleben. So auch jetzt, anhand der Umsetzung eines modernen Klassikers britischer Zunft: Noch vor seiner Zeit als Filmregisseur entwickelte Mike Leigh mit seinen Schauspielern ein pechschwarzes Szenario, in dem sich Konvention und Niedertracht, Höflichkeitsterror und Sozialdarwinismus lustvoll vereinen.

Weder die im Titel erwähnte Party noch die fünfzehnjährige Gastgeberin Abigail bekommt der Theaterbesucher dabei je zu Gesicht – dafür aber Abigails Mutter Sue, die für die Dauer der Party Unterschlupf bei dem kinderlosen Nachbarehepaar Laurence und Beverly findet. Der Immobilienmakler und seine Frau haben zu einem kleinen Miteinander bei Salzstangen und Käsehäppchen gebeten – und die neuen Nachbarn Tony und Angela als weitere Vertreter ihrer Generation eingeladen. Aus dem anfänglichen Smalltalk über Mobiliar, Kosmetika und Einkaufsrituale entwickelt sich bald ein nikotin- und alkoholgeschwängerter Partyhorrortrip.

Unter dem Deckmantel zärtlicher Fürsorge kämpft der Oliven-Freund gegen die Chips-Fraktion, der Klassik-Liebhaber gegen den Vertreter der Popmusik, der Gastgeber gegen den Gast, der Ehemann gegen die Ehefrau – und umgekehrt. Fünf Menschen – die kaum eine Ahnung davon haben, wie wenig sie miteinander verbindet, deren Ansichten unterschiedlicher nicht sein könnten und deren hohle Sehnsüchte und Bedürfnisse keine Entsprechung in ihren Partnern finden – erleben unter dem Druck der Konvention einen beklemmend gesitteten Peinlichkeitsmarathon.

„Das wahre Theater ist Überraschung. Tamás Aschers Theater überrascht immer … Der Autor hat ein Drama geschrieben, das die Bühne braucht. Einheit von Ort, Zeit und Handlung in klassischem Sinn. Die Darsteller sind einfache Seelen, die sich nicht in die großen Angelegenheiten der Welt einmischen wollen … Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben wir ein Zivilisationsniveau erreicht, das zur Krise der Gesellschaft und des Privatlebens geführt hat. In einer Welt, in der die Werte verloren gegangen sind, irren die Menschen umher, finden im anderen keinen Halt, ja, am wenigsten im anderen Menschen. In diesem Stück werden wir damit konfrontiert. Das ist die Mikroumgebung, die uns alle umgibt. Wenn sie in die Krise gerät, ist das ganze Leben in der Krise. Das zeigt, auf einer Armlänge entfernt, die Inszenierung im Studio des Katona József Theaters. Dass wir damit konfrontiert werden und es im wahrsten Sinn des Wortes erleben können, ist den Schauspielern zu verdanken. Fünf Charaktere, die mitreißende Vorstellung von fünf Schauspielern.”
(Ágnes Józsa, Criticai lapok 14/15 2014)

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