Kulturzentrum Dieselstraße, Dieselstraße 26, 73728 Esslingen am Neckar
Veranstalter: AG Politische Matinée, Kulturzentrum Dieselstraße und ESIG – Esslinger Initiative für Gemeinsinn e. V.
Die Pharmazeutische Industrie gehört weltweit zu den einflussreichsten Wirtschaftsbereichen. Den größten Anteil am Weltpharma-Markt hat Nordamerika; innerhalb Europas (Rang 2) macht die deutsche Pharmaindustrie die größten Umsätze: Für 2014 werden 43,6 Mrd. Euro prognostiziert – Tendenz steigend. Ein bedeutender Anteil dieses Umsatzes wird wieder in die pharmazeutische Forschung und Entwicklung investiert. Dabei überlassen die Pharmakonzerne nichts dem Zufall: Sie vergeben systematisch Auftragsstudien und beeinflussen mit der Veröffentlichung von Studienergebnissen in medizinischen Fachzeitschriften die fachliche Diskussion. Sie betreiben Gesundheits-Internetseiten und beschäftigen eigene Autoren, die interessengeleitete Meldungen produzieren. Zu beobachten ist, dass Befindlichkeitsstörungen zu behandlungsbedürftigen Krankheiten erklärt und Gefährdungen teilweise verzerrt dargestellt werden. Darüber hinaus werden auch Patientenorganisationen gezielt gesponsert. In Deutschland besuchen 15.000 PharmavertreterInnen mehrfach im Jahr die ihnen zugeteilten Arztpraxen und Krankenhäuser. Werbung für meist neue und teurere, aber nicht unbedingt bessere Medikamente ersetzt dabei häufig seriöse medizinische Information. Neben der Produktwerbung verteilen die Pharmareferenten Geschenke und laden auch mal zum Essen ein. Sie bezahlen Fortbildungs- und Reisekosten für Ärzte und Pflegekräfte und sorgen damit für „die richtigen Themen“. Mit Honoraren für Anwendungsbeobachtungen und Vorträge oder andere geldwerte Leistungen wird das ärztliche Verschreibungsverhalten zudem direkt und indirekt beeinflusst. Seit einigen Jahren gelten zwar schärfere Sponsoring-Regeln, doch diese Form der Zusammenarbeit mit den Pharmaunternehmen gehört zum normalen Alltag vieler Kliniken und Arztpraxen. Im Vortrag wird der Referent diese Aspekte und deren Auswirkungen beleuchten; er diskutiert, welche praktischen Forderungen sich daraus ergeben.
Dr. Martin Roser ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und der Abteilung Rehabilitation psychisch Kranker der Rudolf-Sophien-Stift gGmbH.